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Wie ein Anbieter nachhaltiger Produkte seinen Einkauf optimiert, um die Qualität seiner Produkte zu halten und auszubauen.

Der betriebliche Einkauf steht seit vielen Jahren unter einem erheblichen Druck. Unsichere Lieferketten, steigende Preise, staatliche Regulierungen und eine immer stärker werdende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten drücken auf die Performance einer Einkaufsabteilung. Wie kann sich ein mittelständisches Unternehmen erfolgreich diesen Herausforderungen stellen? Und welche Rolle spielt die Digitalisierung in diesem Zusammenhang? Wir haben in der Einkaufsabteilung von Steinbeis Papier, einem Anbieter von Recyclingpapieren, umgehört, die sich bereits seit langer Zeit auf den konsequenten Weg der Optimierung eingelassen haben. Herausgekommen ist ein Interview mit Jan Geier aus der Einkaufsabteilung von Steinbeis Papier und Andreas Zimmermann, Geschäftsführer seines Softwarelieferanten mysupply.

Das Interview führte Thomas Heine

Die eingangs beschriebener Herausforderungen haben Sie sicher auch in Ihrer täglichen Praxis gespürt. Worin sehen Sie die größten Herausforderungen in Ihrer Arbeit? Und wie sind Sie auf Ihren Softwarelieferanten gestoßen?

Jan Geier: Die Entwicklungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Versorgungssicherheit zu einem der wichtigsten Faktoren geworden ist. In Krisenzeiten sind Lieferketten zusam- mengebrochen, die sich auf unterschiedlichste Bereiche unserer Arbeit ausgewirkt haben. Wir stellten uns dann die Frage, wie wir Lieferkettenprobleme, Preisschwankungen, Nachhaltigkeitsansprü- che auch im Austausch mit unseren Lieferanten smarter und auch effektiver managen können. Im Rahmen einer Messe sind wir mit mysupply in Kontakt getreten. Das Unternehmen bietet maßgeschneiderte, automatisierte Lösungen für die Beschaffung an.


Als junges Startup-Unternehmen haben Sie eine Lösung für die Digitalisierung des Einkaufs entwickelt. Wie kann Ihre Software den Einkaufsprozess effizienter gestalten?

Andreas Zimmermann: mysupply ist eine B2B-SaaS-Lösung, die den Beschaffungsprozess automatisiert, durchschnittlich 11 % der Ausgaben einspart und den operativen Aufwand um 50 % reduziert. Durch die Nutzung von maschinellem Lernen und KI rationalisiert mysupply die Beschaffungsvorgänge und reduziert die manuellen Arbeitskosten. Darüber hinaus nutzt mysupply die algorithmische Spieltheorie, die von Verhandlungsexperten entwickelt wurde, um clevere Verhandlungsprozesse zu steuern. Mit mysupply können Unternehmen intelligentere Beschaffungsprozesse mit weniger Aufwand durchführen und gleichzeitig bessere Ergebnisse erzielen. mysupply lässt sich mit führenden Beschaffungslösungen wie SAP Ariba verbinden und übernimmt den gesamten Sourcingprozess. Die Lösung ermöglicht es Category Managern, den Prozess zu rationalisieren und Schritte zu automatisieren, um sogar eine vollständig autonome Beschaffung zu ermöglichen.

Wie hat sich die Implementierung der Software auf die Nachhaltigkeit Ihrer Beschaffungspraktiken ausgewirkt?

Jan Geier: Das Tool ermöglicht uns bereits vor der Vergabe von Aufträgen spezifische Kalkulationen und Bewertungen anzu- stellen. So können wir beispielsweise für uns wichtige Faktoren, wie
die Blauer Engel-Zertifizierung, Verbräuche und CO2-Emissionen miteinschließen. Für das Tendermanagement bedeutet das mehr Effizienz, wenn Kriterien in der Vergabe automatisiert berücksich- tigt werden. Zudem wird mit dem System die Kommunikationsart vereinheitlicht, was auch für die Bieter einen Mehrwert bietet. Sie werden von uns viel zielgerichteter angesprochen und können Online ihre Waren entsprechend den gesetzten Kriterien bepreisen.

Wie können Unternehmen mithilfe Ihrer Software ihre Beschaffungsstrategie optimieren, um ökonomische und nachhaltige Ziele in Einklang zu bringen?

Andreas Zimmermann: mysupply ermöglicht Unternehmen die Bewertung und Auswahl von Lieferanten anhand ökonomischer und nachhaltiger Kriterien. Mit mysupply können Unternehmen, ihre eigenen Nachhaltigkeitsscorings wie z.B. die Scorings von Ecovadis automatisiert beim Sourcing verwenden. Darüber hinaus bieten wir mit mysupply auch die integrierte Nutzung von weite- ren Nachhaltigkeitsscorings für Lieferanten an. Unsere Kunden wählen die gewünschten Scorings aus und legen dann eine Gewich- tung dafür fest. Im Anschluss werden die Scorings für die jeweiligen Lieferanten zur Ausschreibung hinzugefügt und dann automatisch bei der Bewertung von Ausschreibungen und der Verhandlung berücksichtigt. Dies hilft, die Beschaffungsstrategie anzupassen und das Gleichgewicht zwischen ökonomischen und nachhaltigen Zielen zu finden. Für Unternehmen ist es nur wichtig festzulegen wieviel Ihnen ein nachhaltiges Sourcing wert ist und nach welchen Scorings sie die Nachhaltigkeit messen möchten. Den Rest erledigt dann mysupply.


Wie hat die Software Ihre Abteilung dabei unterstützt, nachhaltige Beschaffungskriterien in Ihre Einkaufsstrate- gie zu integrieren und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen?

Jan Geier: Zusammen mit mySupply haben wir die Software stetig weiterentwickelt und eine Transparenz hergestellt, die es uns möglich macht, Beschaffungen unter verschiedenen Nachhaltig- keitskriterien zu prüfen. Das betrifft unter anderem Kriterien wie Verschleiß, Instandhaltungsaufwendungen, energetische Verbräu- che, CO2-Emissionen, Servicegrad oder Wechselaufwendungen.
Derzeit sind wir dabei alle unsere Materialzugänge unter dem Scope
3-Kriterium zu erfassen – also inwiefern von uns eingekaufte Pro- dukte mit indirekten Emissionen belegt sind. Wir werden zudem Schnittstellen unserer Systeme zur mysupply Lösung schaffen, um die Schlagzahl automatisierter Einkäufe zu erhöhen und gleichzeitig unsere Scope 3-Bilanz zu verbessern.


Welche konkreten Nachhaltigkeitsmerkmale sind in Ihrer Software integriert und wie tragen sie zur Förde- rung einer nachhaltigen Beschaffung bei?

Andreas Zimmermann: Mit mysupply können beliebige Nachhaltigkeitsmerkmale integriert werden. Da für die Unterneh- men sehr unterschiedliche Nachhaltigkeitsaspekte eine Rolle spielen und die Unternehmen meist sehr genau wissen, was für Sie wichtig ist, sind wir in der Hinsicht völlig offen und können beliebige Nach- haltigkeitsdaten der Kunden bei mysupply nutzbar machen. Darüber hinaus entwickeln wir die Datenbasis für weitere Nachhaltigkeits- scorings laufend weiter, so dass für unsere Kunden auch on Demand auf weitere Scorings zugreifen können.

Welche quantifizierbaren Verbesserungen konnten Sie seit der Implementierung der Software in Bezug auf Ressourcenverbrauch, Abfallreduzierung oder CO2-Emis- sionen feststellen?

Jan Geier: Wir konnten über Online-Ausschreibungen bereits neue Lieferanten gewinnen und bestehende Lieferantenbeziehun- gen ausbauen. Verschiedene Warengruppen befinden sich so über das Tool mittels automatisiertem Vergabeverfahren und techni- scher Ausschreibungen bereits im Beschaffungsprozess. Im Vorwege dieses Prozesses wurden qualitative Bewertungen und Wechselkosten gemeinsam mit der Fachabteilung bewertet und berücksichtigt. Bevor wir jedoch beginnen, die CO2-Spezifika des Scope 3 auf Produktebene oder Herstellerebene stichhaltig zu bewerten, werden wir auf die Ergebnisse des Parallelprojekts mit der Firma Carbmee warten. Sie validieren die CO2-Werte, damit wir nachher nachvoll- ziehbare und revisionssichere Ergebnisse vorweisen können.


Wie können Unternehmen mithilfe Ihrer Software den gesamten Beschaffungsprozess analysieren und verbessern, um ihre Nachhaltigkeitsziele kontinuierlich voranzutreiben?

Andreas Zimmermann: mysupply wertet die Vergaben der Kunden aus und misst dabei auch die Nachhaltigkeit der Vergaben. So können wir jederzeit über integrierte Dashboards darüber Aus- kunft geben, wo unsere Kunden insgesamt beim Thema nachhaltige Vergaben stehen, welche Gewichtung dem Thema Nachhaltigkeit in den Vergaben zukommt und wo noch Handlungsbedarf besteht.

Welche positiven Auswirkungen hat die Automatisierung des Einkaufsprozesses auf die Arbeitsbedingungen in Ihrer Abteilung?

Jan Geier: Digitalisierung genießt auch bei uns im Einkauf allerhöchste Priorität. Bei mehr als 10.000 Bestellungen im Jahr ist Automatisierung unabdingbar, damit wir uns auf die nachhalti- gen Faktoren konzentrieren und eine effektive Bewertung unserer Beschaffungsoptionen vornehmen können. In der Praxis bedeutet das, dass wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Tools an die Hand geben, die ihr Agieren im Tagesgeschäft erleichtern, die Erfolge in der Beschaffung sichtbar machen und hinsichtlich der Bedienungsfreundlichkeit auch Spaß machen. Letzten Endes schaf- fen wir mit dieser Automatisierung nicht nur einen Benefit für uns im Einkauf, das ganze Unternehmen und auch die Lieferanten partizipieren an einem stetig wachsenden Erfolg.

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