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Normungsroadmap Circular Economy: Fahrplan für das zirkuläre Wirtschaften

Unsere Produktion und unser Konsum sind aktuell stark geprägt vom Konzept der Linearität: Die vorhandenen Ressourcen werden der Natur entnommen, in vielschichtigen Verfahren zu Produkten transformiert und fallen dann anschließend, nach teilweise unverhältnismäßig kurzer Nutzung, als Abfall an. Das lineare System war in der Vergangenheit gerade auch ökonomisch hoch erfolgreich und hat uns einen nie zuvor gekannten Wohlstand beschert, wenn man die damit verbundenen Emissionen außer Acht lässt. Das System kommt jedoch immer deutlicher an seine planetaren Grenzen. Der Earth Overshoot Day ist eine Quantifizierung dessen: Für Deutschland lag dieser Tag 2022 Anfang Mai. Seitdem lebten wir in dem Jahr auf Kosten anderer Länder bzw. zukünftiger Generationen.

Ein Beitrag von Alexandra Engelt

Mit dem Konzept der Circular Economy soll diese lineare Res- sourcenentnahme durch Schließen von Kreisläufen in eine zirkuläre Wirtschafts- und Lebensweise geändert werden. Aber was bedeutet eigentlich Circular Economy? Auf internationaler Normungsebene hat ISO Circular Economy wie folgt definiert: „Wirtschaft, die bewusst auf Erhaltung und Regeneration angelegt ist und darauf abzielt, die Gebrauchstüchtigkeit und den Wert von Produkten, Komponenten und Werkstoffen stets auf höchstem Niveau zu erhalten, wobei zwischen technischen und biologischen Kreisläufen unterschieden wird”. Diese Definition basiert auf der Ausarbeitung der Ellen MacArthur Foundation.

Bei der Erreichung der Ziele des Green Deals und Klimaschutzgesetzes 20214 kommt der Circular Economy eine besondere Bedeutung zu. Um die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen, sind jetzt neue und überarbeitete technische Regeln für das zirkuläre Wirtschaften notwendig. Auch der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP „Mehr Fortschritt wagen“ adressiert Normung im Kontext einer Circular Economy: „In einer „Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie“ bündeln wir bestehende rohstoffpolitische Strategien. Auf dieser Grundlage setzen wir uns in der EU für einheitliche Standards ein.“

Die Normungsroadmap Circular Economy – legt für die politischen Ziele den Weg fest und treibt so die grüne Transformation Deutschlands und Europas voran.

Circular Economy ist ein Querschnittsthema und betrifft vielfältige Branchen und Akteure entlang der gesamten Wertschöp- fungskette. Um die Zusammenarbeit und damit das Vorantreiben zirkulärer Geschäftsmodelle und Produkte zu unterstützen, ist jedoch ein klarer Fahrplan notwendig, in welchen Bereichen bislang keine Normen und Standards existieren, wo diese aber zukünftig zusam- men mit den interessierten Kreisen entwickelt werden müssen: eine Normungsroadmap Circular Economy für Deutschland!

Die Arbeiten wurden im Januar 2022 vom Deutschen Institut für Normung e. V. (DIN), von der vom VDE getragenen DKE Deut- sche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE (DKE) und dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) gemeinsam gestartet. Die Ergebnisse wurden dann im Januar 2023 veröffentlicht. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbrauch- erschutz (BMUV). Ziel der Roadmap ist es einen Überblick über den Status Quo der Normung und Standardisierung im Bereich Circular Economy zu geben, Anforderungen und Herausforderungen für die sieben Schwerpunktthemen zu identifizieren und daraus ableitend konkrete Bedarfe für zukünftige Normen und Standards zu formulie- ren. Im Rahmen dieses Prozesses wurden daher noch keine Normen und Standards, sondern vorgelagerte Empfehlungen erarbeitet. Dies leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, nationale Interessen und Positionen abzubilden und diese anschließend aktiv in nationale, aber vorrangig auch europäische und internationale Normungsak- tivitäten einzubringen.

Die Normungsroadmap Circular Economy stellt sieben Schwerpunktthemen in den Mittelpunkt, die sich an den Fokusthemen des Circular Economy Action Plans der Europäischen Kommission orientierten:

  • Digitalisierung/Geschäftsmodelle/Management
  • Elektrotechnik & IKT
  • Batterien
  • Verpackungen
  • Kunststoffe
  • Textilien
  • Bauwerke & Kommunen

Mehr als 1.300 Expertinnen und Experten aus verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Erfahrungshintergründen haben ihr Interesse an Normung im Bereich der Circular Economy bekundet. Davon haben über 500 Autorinnen ihr Fachwissen in den sieben Arbeitsgruppen aus diversen Gesellschaftsbereichen eingebracht. Die hohe Zahl der Interessierten und aktiven Autorinnen sowie die Vielfältigkeit der Personen und Institutionen decken eine breite fachliche Expertise ab.

Die Normungsroadmap Circular Economy orientiert sich an dem Modell der R-Strategien der Circular Economy. Diese Strat- egien haben zum Ziel, den Verbrauch von natürlichen Ressourcen zu reduzieren und die Kreislaufführung von Materialien zu unter- stützen. Sie systematisieren verschiedene Verwertungsstrategien in einer Hierarchie, ergänzen sich gegenseitig und koexistieren. Diese werden als Kerngerüst der Transformation hin zur zirkulären Wertschöpfung angesehen. Die Abbildung 1 zeigt das 9R-Framework und wie Normung zur Unterstützung der verschiedenen R-Strategien eingesetzt werden kann. Im Rahmen der sieben Arbeitsgruppen wurden von den beteiligten Fachpersonen aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentliche Hand und Zivilgesellschaft über 200 Normungsbedarfe kollaborativ erarbeitet.

Die Umsetzung der Normungsbedarfe
Damit bietet die Normungsroadmap großes Potenzial, dass Deutschland eine Vorreiterrolle in der Circular Economy einnim- mt. Sie bildet daher die Basis für ein Umsetzungsprogramm, das auf Grundlage der Ergebnisse im Jahr 2023 konkrete Normungs- und Standardisierungsvorhaben einleiten und die schnelle Übertrag- barkeit gewonnener Erkenntnisse in deutsche, europäische und internationale Normungsaktivitäten unterstützen wird.


Normung geht alle an – vom Start-up bis zum Großunterneh- men. Strategisch lohnt sich das auch für das eigene Unternehmen. Denn: Wer eigene Interessen und Technologien in den Normungsprozess einbringt, kann die Zukunft seiner Branche aktiv mitgestalten und sich einen Wissensvorsprung vor den Mitbew- erbern sichern. Bei Fragen zur Mitarbeit in der Normung können sich Interessierte jederzeit an DIN wenden – mehr Informationen zum Thema Normen und Standards für die Circular Economy gibt es auch auf der DIN-Themenseite.

Die Normungsroadmap ist verfügbar unter: www.din.de/go/circular-economy

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